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Der Tod ist nicht gut und nicht schlecht. 

Der Tod ist das Paradies. Der Tod macht frei.

Der Tod von Lebewesen, zumindest der Vielzeller, ist ein natürlicher Vorgang. Niemand wird die Frage stellen, ob ein Kaninchen oder eine Wespe ein gottgefälliges Leben geführt hat und deshalb nicht stirbt oder wieder aufgeweckt wird.

Das Sterben von Lebewesen ist nicht dadurch entstanden, dass Menschen eine angeblich göttliche Vorschrift nicht befolgt haben. Sterben gehört genau so dazu, wie gezeugt und geboren Werden.

Das Verlangen nach körperlicher Wiederherstellung in einem Paradies für Wesen, die die Existenz eines Gottes anerkennen und seine Gebote befolgt haben, das ist durch die monotheistischen Religionen in die Welt gesetzt worden.

Dazu braucht man auch einen Heiland, einen Erlöser. Wer diesen Erlöser nicht anerkennt, wird entweder nicht erneuert und darf dann auch nicht ewig leben, oder er wird gar in einem üblen Ort namens Hölle landen.

Daher auch der Begriff 'verteufeln'. Die Heiden, die Hexen, die Ketzer,  Gottesleugner, Lästerer.

Man merkt nach 2000 Jahren die Absicht und man ist verstimmt. Die Dämonisierung des Todes („wo ist dein Stachel“ - "Der Tod ist der Sünde Sold") gibt der Religion erst ihren sinnlosen Sinn. Damit ermächtigt sich die Kirche, die Menschen unter ihre Gewalt zu bringen. Durch Gewalt von außen und durch Gewalt von innen: Angst machen.

Das Paradies, in dem diese unverweslichen neuen Leiber existieren, hat noch niemand so richtig gut beschrieben, es ist eine ziemlich unbewegliche farblose, langweilige Angelegenheit: Ein sorgenfreies ewiges Dasein ohne aufregende positive oder negative Ereignisse: aber ein Leben in Sicherheit, ohne Schmerzen, sozusagen ein ewiges himmlisches Beamtentum. Dagegen mit Genuss und besser beschrieben, in Wort und Bild, sind die fürchterlichen Strafen für die, die in der Hölle schmoren.

Gut, lassen wir diesen an den Haaren herbeiphantasierten Unsinn mal weg, dann stellen wir fest, dass der Tod nicht nur kein Stachel ist, sondern eigentlich genau das, was ein Paradies ausmacht. Es gibt keine persönliche Verantwortung, keine Verpflichtungen mehr, kein Schmerz, keine Angst – denn man ist schlicht und einfach nicht mehr da. Selbst wenn ein Grab geschändet wird, ist das für den Toten irrelevant, denn er befindet sich dort ja gar nicht mehr: Also genau das, was Jesus vorgemacht hat. Man ist gar nicht mehr in jenem Grab. Man ist gen Himmel gefahren, und dieser Himmel ist die Anonymität für immer.

Natürlich ist tot-Sein auch frei von Positivem, weil frei von allem Menschlichen. Aber das war vor der Geburt bzw. vor der Zeugung ja genau so. Das Leben ist wie ein Film, spannend, aufregend, aber auch unangenehm, katastrophal, man kann glücklich sein oder unglücklich, und dann ist der Film zu Ende. Man kann eben nicht auf Ewigkeit im Kino sitzen.

Traurig sind, sollte man meinen, die Hinterbliebenen, sofern der Tote in ihrem Leben eine positive Funktion hatte.

Warum sind diese Merkmale des Todes vom Christentum so aggressiv verdrängt und verleugnet worden? Warum wurden Selbsttöter Mörder genannt und außerhalb des Friedhofs verscharrt? Warum verfolgen die Christen die Abtreibung? Weil sie die Eigenverantwortung des Menschen hassen. Im Kriegsfalle ist ihnen dagegen das Sterben egal, denn der Tod im Krieg ist ja obrigkeitsgewollt. Der Selbsttöter schlägt der Obrigkeit ein Schnippchen. Der Tote ist vom Finanzamt nicht zu belangen.

Die sterblichen Überreste enthalten die verstorbene Person in keiner Weise. Gräber, Urnen, Denkmäler, Bilder und andere Spuren dienen den Bedürfnissen der Lebenden und der Noch-Lebenden.

Liebe Mitmenschen, es ist nicht nur unbedrohlich, sondern erfreulich, wenn man nicht mehr da ist. Man geht nach einem möglichst erfüllten und glücklichen Leben satt und zufrieden in das Nichts des Todes. Oder – das Elend ist endlich zu Ende. Endlich. Egal, ob Komödie oder Tragödie, es muss dann auch mal Schluss sein.

Noch eine ganz wichtige Unterscheidung: Sterben ist nicht gleich Tod. Sterben kann qualvoll sein. Wenn das Sterben vorbei ist, ist Ruhe, und diese Ruhe ist neutral, weder gut noch schlecht.

Diesen Unterschied kannten die Henker aller Zeiten und ihre Auftraggeber: die Delinquenten nicht gleich töten, sondern schrecklichen und gemeinen Qualen aussetzen.

Der Tod tut nicht weh, der Tod ist Befreiung, Befreiung von einem Leben, in das wir hineingekommen sind, und das wir aushalten müssen, so oder so. Also Leute, genießt die Tage, so gut es geht, seid so, dass ihr gern in den Spiegel schauen mögt, und dann Tschüß.

Nachtrag für gläubige Christen:

Das leere Grab ist das Symbol für Hoffnung und Freiheit. Du bist ein für alle Mal weg. Nicht mehr greifbar durch den römischen und jüdischen Staat, man kann dich nicht belangen, du hast keine Pflichten mehr. Du bist außerdem frei von deinem eigenen Anspruch.

Es ist vollbracht. Das hat Jesus uns vorgemacht.

© Dr. Uwe Wiest, Delmenhorst 2022

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