1. Plötzlich und
unerwartet
Es
gibt Menschen, die erleben jahrelang Stabilität und trauen sich
selbstsicher zu, jedes Problem zu lösen. Dann kommt völlig unerwartet
eine Situation, die sie nicht händeln können.
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Lehrkräfte, die immer mit ihren
Schülern "fertig wurden", sind plötzlich von einer Klasse oder
Lerngruppe völlig entnervt und können sich nicht behaupten.
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Immer gesund gewesen, und jetzt
nur Schmerzen, eine schwierige Operation wird fällig.
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Jahrelang eine glückliche
Beziehung, jetzt läuft die Partnerin mit einem andern davon.
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Der
unaufhaltsame Aufstieg in der Firma wird jäh gestoppt. Ein neuer Chef
stellt sie oder ihn kalt.
Eine
Krise wird daraus, wenn man sein Pulver verschossen hat. Das ist
besonders dann der Fall, wenn man sich sicher war, dem Leben komplett
gewachsen zu sein.
Man
kommt sozusagen von 100 auf 0, ist man ist davon völlig überrascht.
"Mir passiert doch so was nicht."
Aus der Krise
Man ist immer noch die oder der
Alte, aber die Gegebenheiten ändern sich. Das ist wie im Fußball, wenn
die jungen Spieler dem Star einfach keine Vorlagen geben und er
infolgedessen auch keine Tore mehr schießt.
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Die Schüler und Eltern
verändern sich, neue Rezepte braucht die Lehrkraft.
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In der Jugend kann man sich mit
allem Möglichen voll dröhnen, und körperliche Risiken eingehen.
Plötzlich merkt man,
das geht nicht mehr. Die meisten schalten dann einen Gang herunter,
manche aber wollen ewig jung und belastbar sein, und dann: Zack.
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Die Partnerin ändert ihren
Geschmack und kommt auf die Idee: das kann doch nicht alles gewesen
sein. Sie will ein anderes Leben und er will, dass alles so bleibt. Plötzlich ist sie weg. Oder er.
Früher sagte man: er wollte nur
mal eben Zigaretten oder Brötchen holen.
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Die Berufswelt ändert sich, in
vielen Fällen rasant. Da zeichnet jemand mit Bleistift und Lineal und
gibt Briefe zum Tippen. Man ist schließlich 58 und fängt doch nichts
mehr mit dem Computer an. Ja, vielleicht bekommt man das hin, wenn man
rechtzeitig jemanden an seiner Seite hat, die oder der die Lücke füllt.
Wenn man Pech hat, überholt einen dann diese Person. Ganz
plötzlich.
Diese Krise ist so wie die des
Seiltänzers, der zu spät merkt, dass das das Seil weg ist.
Selbstsicherheit, Zufriedenheit,
Glück, kann zur Abstumpfung führen. Der Absturz kündigt sich
anscheinend nicht richtig an und kommt dann wie ein Hammer.
Krise 1 kann man vermeiden, wenn
man oder frau aufgeschlossen bleibt für Veränderungen und selber mal
etwas verändert, auch seine Einstellungen.
Die Krise 1 kann man bewältigen,
indem man ein klares Ziel hat: Man war immer gut drauf, da will man
auch wieder hin. Es wäre doch gelacht.
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2. Es schleicht
sich ein
Es
schleicht sich ein ...
Es
hat sich schon angekündigt, sie oder er hat es nur nicht so richtig
gemerkt, oder: schon gemerkt, die Angst ist schon angestiegen, und dann
geschieht es wirklich.
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Das Unterrichten wurde von Jahr
zu Jahr anstrengender. Die Lehrerin, der Lehrer gilt immer mehr als
unmodern, früher gern akzeptierte Forderungen werden immer weniger
erfüllt. Schlechte oder keine Hausaufgaben, man kommt zu spät, stört,
die Eltern zeigen immer weniger Achtung. Dann geht es plötzlich nicht
mehr.
Krankschreibung, Beurlaubung.
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Der gesunde Körper, das ist
Geschichte. Immer neue Leiden. Es fällt immer schwerer darüber
hinwegzusehen. Die Arztbesuche, Krankenhausepisoden, werden häufiger,
das Leben besteht immer mehr daraus, sich mit Heilmethoden zu befassen.
Ein kranker Körper, man mag sich immer weniger leiden, immer neue
Schmerzen, die Lebensfreude geht dahin. Aber: man hat auch nichts
getan, um den Körper zu schonen oder zu entlasten, einfach so weiter
gemacht.
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Die große Liebe war es
schon lange nicht mehr. Langeweile, kaum mal Schmusen, immer seltener
schöne Augen-Blicke. na gut, was will man nach so langen Jahren
erwarten? Die Partnerin gehört sozusagen zur Einrichtung. Und dann: sie
verliebt sich und weg. Oder man selber, und weg. Im zweiten Fall kann
es ebenfalls zur Krise kommen, wenn sich herausstellt, dass die neue
Beziehung ganz und gar ein Irrtum war, dass nicht die Beziehung, das
Problem war, sondern das eigene Verhalten.
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Unzufriedenheit
und Lustlosigkeit im Beruf, am Arbeitsplatz. Es kommt schleichend:
immer weniger Anerkennung, es wird alles enger und kleinlicher. Eine
Weile kann man es kaschieren,
vor anderen und vor sich selber.
Es
war vorherzusehen, und man hat nichts unternommen, immer so weiter
gemacht. Sozusagen auf Verschleiß gefahren.
Der
Akku leert sich langsam, von 100 auf 30, dann reicht die Spannung nicht
mehr.
Aus der Krise
Es
hat sich angekündigt. Man hat es gefühlt, man hat es wahrgenommen. Man
war unschlüssig. Man hat sich die Initiative abkaufen lassen. In
gewisser Weise war man bockig. "Wieso muss ich mich ändern? Sollen die
anderen mir doch entgegen kommen. Seht mal, was ich auf die Beine
gestellt habe. mein Weg war immer der richtige."
Der
Widerstand wird langsam größer, es kostet immer mehr Kraft, den Status
Quo zu halten. So wird man selber zum Gefangenen des eigenen grandiosen
Selbst-Bildes.
Der
Mensch in der Krise 2 hat eigentlich die besten Möglichkeiten, die
Katastrophe zu verhindern oder bei eingetretener Krise zu erkennen, was
er anders machen muss. Wenn da nicht der falsche Stolz wäre.
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3. Es
war noch nie gut
Es war noch nie gut ...
Es lief von vornherein falsch.
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Sie wollte eine Karriere als
Wissenschaftlerin und fand sich aus verschiedenen Gründen als Chemie-
und Physik-Lehrerin wieder. Wegen des Partners und der Familie. Dabei
hat sie noch nie etwas mit Kindern anfangen können, und schon gar
nichts mit Pubertierenden. Die Arbeit ist eine Qual und demütigend. So
war es von Anfang an.
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Immer schon gekränkelt, immer
schon geraucht und getrunken und sich nicht bewegt und ständig am
Essen. Man sieht es, man fühlt es.
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Es war eine Vernunft-Heirat. So
nennt man das, wenn man aus Standesgründen, wegen des Geldes oder auch
wegen gemeinsamer beruflicher Interessen zusammen geht, aber man findet
sich nicht anziehend, da kommt es auch nur lustlos zum Ausziehen.
Immer wieder zeigt man sich mehr Abneigung als Zuneigung, aber keine(r)
schafft es, diesen beklagenswerten Zustand zu beenden. Weil: vielleicht
findet man dann niemanden mehr, das wäre ja noch schlimmer. Oder man
hat andere Nachteile, zum Beispiel finanzielle. Oder ein bequemer
Service fällt weg.
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Immer schon ein kleines Licht
gewesen, sich nie gewehrt, nie weiter qualifiziert, sein lustloses
langweiliges berufliches Ding gemacht. Der Rauswurf kommt vielleicht,
vielleicht auch nicht, man weiß nicht was schlimmer ist.
Nicht dass wir uns falsch
verstehen. Mann kann eine einfache Arbeit gern und perfekt tun.
Mit Freude das Getränkelager verwalten und am Kontakt mit Kunden
Spaß haben. Oder ein völlig uninspirierter Professor, der nichts mehr
gemacht hat, seitdem er berufen wurde, schlechte Vorlesungen, keine
sinnvolle Forschung, Verachtung gegenüber Studenten, eine Niete mit
hohem Gehalt.
Ja, der Akku war immer schon kurz
vor dem Erlöschen, 10 Prozent am Anfang, jetzt so bei 5.
Aus der Krise
Diese
Krise kommt nicht plötzlich und nicht allmählich, sie war immer schon
da. Damit wirkt sie auch am unvermeidlichsten. Sie wird gar nicht mehr
als Krise wahrgenommen, sondern als Schicksal. Das Fatale: es gibt eine
Beharrung im Elend, eine Gewöhnung an das Falsche. Daher sind hier auch
am wenigsten Veränderungsimpulse zu erwarten. Eingeschliffene Denk- und
Verhaltensgewohnheiten sind fast nicht zu besiegen.
Es bedarf schon heftiger
Erschütterungen, zum Beispiel eines religiösen Bekehrungserlebnisses,
eines dramatischen Todesfalls oder gar der Nachricht, dass man selber
nicht mehr lange zu leben hat, dass man zu einer Änderung gelangt.
Allen Krisen gemeinsam ist:
Am Anfang sollte eine Bilanz
stehen. Der in die Krise geratene Mensch versucht, sich selber aus der
Distanz zu betrachten und sich seine eigene Entwicklungsgeschichte
anzusehen.
Er sollte dann in die Zukunft blicken und sich Ziele formulieren, Nah-
und Fernziele, und sie oder er sollte sich überlegen, mit welchen
Mitteln diese erreichbar werden.
Dabei kann es schon viel bringen, wenn dieser Jemand sich anders
bewertet und zu dem Schluss kommt, dass die Krise bei allem Schlechten
auch ihr Gutes haben kann: die Chance auf eine Bewegung zum Besseren.
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