Lernen und Zusammenleben. Dr. Uwe Wiest

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Ying und Yang, Gut und Böse, Gegenthese und Antithese

Oder: was ist denn Demokratie? 11.11.2022


Zu Demokratie gehören harte Debatten, Hahnenkämpfe und Emotionen.

Die andere Seite: gegenseitige Anerkennung, Einfühlung, Sachlichkeit, das Land geht vor den Parteien.

Zur Zeit gerinnt Demokratie zu kompromisslosen Hahnenkämpfen. Das sind Kämpfe nicht um die Sache, dahinter kann das Land und das Volk geschädigt werden, weil es anscheinend nur um Helden A oder Helden B geht.

Das ist auch innerhalb der Parteien so.

Es muss möglich sein, dass eine Regierung ein gutes Gesetz macht und die Opposition sagt, ja, das hätten wir genauso gemacht, und zustimmt.

Fundamentalopposition ist unsachlich. Man muss als Opposition die Nuancen aufzeigen, die man anders gemacht hätte. Natürlich im Zweifelsfalle auch Totalablehnung, aber nicht als Prinzip.

Sonst bleibt auf die Dauer beim Wahlvolk die Resignation. Du wählst einen Tölpel gegen den andern, eine Schwadronierergruppe gegen die andere aus.

In der Demokratie geht es nicht um allgemeine Richtungswechsel („Links-rechts“), sondern um Verschleiß-Verhinderung, Verhinderung von verfestigten Herrschafts-Strukturen. Das wollten die Grünen ja mal durch Rotation bewerkstelligen. Wenn es bei der Wahl um Gott oder Teufel geht, ist das schon keine Demokratie mehr, sondern der Vorhof zur Diktatur. Ungarn. Türkei.

Wo das hinführt, sieht man in den USA oder Italien. Wir wählen rechts, wir wählen links, Verlierer erkennen Niederlagen nicht an und machen Fundamentalkritik, damit nichts Sinnvolles mehr gemacht werden kann und die Regierung und ihr Repräsentant schlecht aussieht.

Schamlos wird Aufstand und Gewalt eingesetzt, um Regierungswechsel zu diskreditieren oder gar zu verhindern. Mittendrin die wertfreien Juristen, Anwaltskanzleien.

Gern gönnt sich Herrscher, gerne männlich, eine dritte Amtszeit oder Regierung auf Lebenszeit.

Wahlkämpfe werden immer mehr darauf ausgerichtet, persönliche Einflusssphären zu erhalten und zu vergrößern. Manche können auch gar nichts anderes.

Vom Dienen am Volke, von Verpflichtung für das Allgemeinwohl, darum geht es nicht mehr.

Und das Wahlvolk? Lässt ich vor diesen Karren spannen. Sie brauchen Feuerholz, können sich aber nur zwischen zwei Apfelsorten entscheiden. Das Volk benimmt sich vor Wahlen wie vor einem Fußballwettbewerb. Sie, die Leute, merken nicht, dass es um sie selber geht, und dass man ein Recht hat, eine Wahl mit indiskutablen Möglichkeiten zu verweigern. Nicht-Wählen ist auch Wählen!

Wer einen Laden hat, kriegt nur Kunden, wenn sein Angebot auf die Bedürfnisse der Kunden trifft. Das ist in der Politik immer weniger Sache. Wählt man Herrn Merz, weil er einer christlichen Partei angehört? Der aber Menschen in Not verachtet? Ihnen ihre angesparte Altersvorsorge wegnehmen will, wenn sie in Insolvenz gehen? Ihre Wohnung sofort wegnehmen, vom ersten Tag der Not an?

Aus dem Roman „1984“ wissen wir das Rezept: Regelmäßig Freund und Feind wechseln und die Peripherie mit Dauerkrieg überziehen. Ying und Yang.

Anderes Thema: Wichtig sind die Verwaltungen und Vernetzungs-Strukturen und die Lobbies mit ihren Geldkoffern. Die kann der Wähler leider nicht beeinflussen. In vielen Bereichen geht das einfach so weiter, auch nach einem Regierungswechsel.

Solidarität: in Deutschland Mangelware. Bloß nicht genauer hingucken, wie es anderen geht, bloß nicht offen aufgreifen, wie sich in unserem Land Leute auf Kosten der Allgemeinheit hemmungslos bedienen. Diese Mentalität reicht von ganz oben bis weit nach unten.

Der Wähler sollte sich die Einzelfälle ansehen: wer mit welchem Hintergrund betreibt welche Politik gegen die, die den Abhang der Verarmung herunterrutschen? Selber Villen, dicke Autos, eigenes Flugzeug, eigene Yacht und und und, aber dann scharf gegen die Leute, „die nicht arbeiten wollen“.

Das sind die Knackpunkte, nicht der Ukraine-Krieg, nicht die Klimaaktivisten, die den Autoverkehr ein bisschen stören. Damit der Porschefahrer mit dem Recht auf freie schnelle Fahrt nicht behindert wird.